Diagnostik des Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) bei Kindern und Jugendlichen

Vergleichen Sie einmal ein Baby mit einem siebenjährigen Kind bezüglich seiner Aufmerksamkeit.

  • Das wache Baby ist hochaufmerksam, richtet sich mit seinem Interesse aber auf die Situation, die gerade den größten Reiz hervorbringt. So wandert die Aufmerksamkeit rasch von einem Punkt zum anderen. Die Umgebung wird vom Baby wie durch den Lichtstrahl eines Leuchtturmes rundherum abgetastet. Das hilft Babys und Säuglingen rasch eine große Menge an Informationen zu erlernen.
  • Von einem siebenjährigen Kind wird dagegen verlangt, dass es seine Aufmerksamkeit willentlich auf einen bestimmten Vorgang richten soll. Es soll seine Konzentration, wie den Lichtkegel eines Scheinwerfers, auf einen bestimmten Prozess fokussieren. Das Kind soll sich auf ein bestimmtes Gespräch, auf eine bestimmte Lernaufgabe hin konzentrieren können.

Dies ist eines der größten Wunder unseres Gehirnes: die Fähigkeit unsereWahrnehmung gezielt zu steuern und das Erfahrene richtig zu bewerten. Diese Fähigkeit der bewussten Lenkung unserer Aufmerksamkeit ist dieGrundvoraussetzung eines erfolgreichen Lernprozesses aber auch jeglicher sozialen Beziehung. Diese Fähigkeit ist bei ADS-Kindern nicht oder zu gering entwickelt.

Symptome des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms:
ADS-Kinder konzentrieren sich gut auf Dinge die Sie interessieren, z. B. Gameboy, Computer, Lieblings-spielsachen, etc.

  • Auf andere altersgemäße Lern- und Alltagsaufgaben konzentrieren sie sich hingegen nicht. Nicht nur in der Schule sondern auch im Alltag sind sievergesslich, konzentrieren sich nur kurz, sobald sie die Tätigkeit nicht interessiert. Da sie ihre Wahrnehmung nicht "filtern" können, springt ihre Aufmerksamkeit rasch von Reiz zu Reiz. Plötzlich wird der Stift, der zu Boden fällt, interessanter als das Buch, das man gerade liest.
  • Diese geistige Sprunghaftigkeit wird bei vielen ADS-Kindern begleitet von einer körperlichen Unruhe. Den Kindern fällt es schwer sich zu entspannen, längeres Sitzen oder Stillhalten erfordert größte Mühe (Hyperaktivität).
  • Ein weiteres Charakteristikum ist, dass die ADS-Kinder handeln bevor sie darüber nachdenken (Impulsivität). Die Handlungen entstehen plötzlich aus der Emotion heraus und der Effekt auf Andere wird im Vorhinein nicht durchdacht.
  • Dadurch entstehen viele Konflikte mit ihren Mitmenschen. Es ist typisch, dass sich ADS-Kinder schwer tun, sich in Gruppen (Musik- oder Sportvereine) einzufügen, oder intensive Freundschaften mit Nicht-ADS-Kindern zu schließen.
  • All dies nehmen die ADS-Kinder sehr sensibel wahr. Ihr Selbstwertgefühl leidet darunter, es kommt häufig zu weiteren emotionalen Störungen, was wiederum die oben genannten Symptome verstärkt (Teufelskreis).

Diagnose des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms:
Ein erfahrener Fachmann kann die Diagnose ADS durch eine gründliche Verhaltensbeobachtung des Kindes oder Jugendlichen stellen. Dabei fließen die Fremdbeurteilung der Eltern, die Lehrer und anderer wichtiger Bezugspersonen mit ein. Darüberhinaus muss meines Erachtens eine gründliche neuropsychologische Testdiagnostik durchgeführt werden. Selbstverständlich müssen hierbei auch Tests zur Wahrnehmung und Konzentration, Teilleistungsstörungen, Intelligenz, Sinnesstörungen u.a. durchgeführt werden.
Neben den typischen Erscheinungen der ADS-Symptomatik, gibt es heutzutage zunehmend eine große Grauzone ADS-ähnlicher Verhaltensstörungen. Hier besteht die Gefahr vorschnell die Diagnose ADS festzustellen, die dann einen therapeutischen "Reparatur"-anspruch begründet.
Eine gründliche Diagnostik durch erfahrene Ärzte schützt unsere Kinder vor vorschneller und falscher Therapie. Sprechen Sie mit Ihrem Kinder- und Jugendarzt darüber, oder wenden Sie sich gegebenenfalls an ein sozialpädiatrisches Zentrum, in München z.B. das Kinderzentrum in der Heiglhofstraße.